Körperbilder, Social Media und warum Positivity nicht nur positiv ist

 

Fast 30 Millionen Beiträge gibt es auf Instagram zum Thema #bodypositivity bzw. #bodypositive. Die Idee hinter der Bewegung lässt sich in etwa so zusammenfassen:

 

Alle Körper sind wunderschön. Wir lieben unseren Körper.

Pfeif‘ auf veraltete & unrealistische Schönheitsvorstellungen.

Wunderbar! Vielfalt statt Diskriminierung, Selbstliebe statt Crashdiät. Menschen zeigen ihre echten Körper, ohne Filter, ohne Editing. Es sind nicht nur Influencer mit „Modelmaßen“ im Fokus, mehr wird sichtbar, mehr wird angesprochen – alles unumstritten positive Effekte der Body Positivity.

 

Wir applaudieren dem positiven Zugang zum eigenen Körper und finden es gut, dass sich hier veraltete Bilder auflösen können. Aber wir finden es auch wichtig, einmal genauer hin zu schauen und einen kritischen Blick auf die Bewegung werfen.

 

Body Positivity: Ursprünge und Entwicklung

Das fat acceptance movement der 1960er wird gerne als Ursprung und Vorreiter des Body Positivity genannt. Es richtete sich gegen die gesellschaftliche Formung von (Schönheits-)Idealen und die Diskriminierung von Personen, die nicht in eine vorgegebene Schablone passen. Aktive und Unterstützer der Bewegung sind oft Frauen*, people of colour, Menschen mit Behinderung und queere Personen.

 

Nicht unbedingt die erste Assoziation, die ihr zu Body Positivity habt?  Verständlich, denn das movement hat sich natürlich entwickelt und verändert, wurde für Werbezwecke auch von Firmen entdeckt und hat inzwischen auch viele Fürsprecher*innen, die dem „klassisch-europäischen“ Schönheitsbild eigentlich entsprechen. Das ist prinzipiell nicht schlecht und wir wollen hier keinesfalls allen Unterstützer*innen unterstellen, dass sie Trittbrett fahren, es hinterlässt aber in manchen Fällen doch einen bitteren Nachgeschmack.

 

Wir finden es auf jeden Fall gut, einen positiven Zugang zum eigenen Körper zu wählen.

 

Hier ein paar Fragen, die wir trotzdem wichtig finden:

 

  • Ist da nicht wieder die Aufforderung, sich einem Ideal zu unterwerfen?
  • Muss ich den dicken Pickel auf meiner Stirn wirklich lieben und wunderschön finden?
  • Muss der Körper immer im Fokus stehen?
  • Bewerte und definiere ich mich hier nicht – wenn auch in einem weit freieren und toleranteren System – weiterhin über mein Äußeres?

 

Body Neutrality: Ich bin mehr als mein Körper

Wie ich aussehe definiert nicht, wer ich bin.

Ich akzeptiere und respektiere meinen Körper, weil er es mir ermöglicht, an der Welt teilzuhaben.

Die Idee ist, den Fokus vom Körper als Objekt weg zu lenken und ihn Körper sein zu lassen. Ein Körper, durch den und mit dem wir die Welt wahrnehmen und an dir teilhaben, uns bewegen, atmen, essen, altern. Ein Körper, in dem wir nicht nur erscheinen, sondern eben leben.

 

Es ist super, wenn du deinen Körper schön findest, dich sexy fühlst oder cute oder umwerfend und rundherum selbstbewusst. Wir wollen auf keinen Fall sagen, dass Body Positivity schlecht ist. Wenn dir positive body affirmations helfen: go for it! Body Neutrality steht dazu nicht im Widerspruch. Sie kann dich zusätzlich daran erinnern, dass dein Aussehen nicht ist, was dich ausmacht und du so viel mehr bist.

 

Wir finden die Zusammenfassungen von Anuschka Rees aus ihrem Buch Beyond Beautiful sehr schön und haben sie mal übersetzt. Mehr Infos zum Buch findet ihr z.B. auf Instagram.

 

You do you

Du muss dich nicht zwischen Body Positivity und Body Neutrality entscheiden. Wenn du Ideen findest, die dir gefallen und guttun, kannst du sie für dich verwenden. Sie können aus der einen Bewegung kommen, aus der anderen oder aus beiden.

 

Dein Body Image muss dich nicht den ganzen Tag beschäftigen. Zu viele negative Gedanken zu deinem Körper können aber ein Problem werden, nämlich dann, wenn es anfängt, deine psychische Gesundheit zu beeinträchtigen. In sehr ausgeprägten Fällen kann das zu einer Verzerrten Selbstwahrnehmung, Schamgefühlen, Essstörungen oder sogar sexuellen Hemmungen führen.

 

Unser Tipp:

Bleibe achtsam und aufmerksam. Probiere, was für dich funktioniert, zum Beispiel Dankbarkeit für deinen Körper üben, dich fragen, was dir in deinem Leben wichtig ist und wer du sein möchtest. Du musst diese Fragen auch nicht allein wälzen, sondern kannst mit deinen Freunden oder deiner Familie darüber sprechen. Wenn du möchtest, kannst du auch auf Social Media mal einen Blick darauf werfen, wem du folgst und welchen Effekt welcher Content auf dich hat.